Direkt im Anschluss ging es weiter mit Berlins Kultursenator Dr. Klaus Lederer. Er führte die Zuhörer*innen mit seinem Beitrag vom monetären zum politischen, kulturellen und emotionalen Wert der Daten und zur Frage, was es braucht, um mit Daten kompetent umgehen zu können. Klaus Lederer dankte digiS und den Projektpartner*innen für die geleistete Arbeit. Insbesondere sei ihm sehr positiv die Diversität der Digitalisierungsprojekte 2019 aufgefallen.
Lederer betonte, in welchem großen Maß die Digitalisierung des Kulturbereiches zur Demokratisierung der Gesellschaft beitrage. Besonders einsichtig würde dies bei Themen wie der Aufarbeitung des kolonialen Erbes Berlins. Er gab in diesem Zusammenhang nicht nur Ausblicke auf andere Projekte des Senats („kulturBdigital“), sondern auch auf zusätzliche Haushaltsmittel, die vsl. ab 2021 im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des kolonialen Erbes der Bundesrepublik und Berlins vom Senat zur Verfügung gestellt werden.
Abschließend hob er die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Kulturerbeeinrichtungen im Rahmen des digiS-Förderprogramms hervor, verbunden mit dem erneuten Wunsch, dass sich auch die Wissenschaftsverwaltung Berlins an dem Förderprogramm beteiligen möge.
digiS-Projekte 2019
Nach der Begrüßung leiteten Beate Rusch und Anja Müller (Team-Koordinatorin) zum ersten Teil des Hauptprogramms der Konferenz über, dem Projekte-Slam. In vier verschiedene Themen-Cluster aufgeteilt, stellten die Digitalisierungsprojekte 2019 ihre Arbeit vor. Der Clou dabei: Die Vortragenden hatten dafür genau fünf Minuten Zeit.
Projektvorträge Cluster Infrastruktur
Marco Klindt leitete in das erste Themencluster ein: Infrastruktur. Vier unserer Projektpartner*innen standen in diesem Jahr vor besonderen infrastrukturellen Herausforderungen: Das MIME Centrum Berlin durch die im Projekt vorgenommene Entwicklung einer Datenbasis und initialer Datenplattform für Daten aus dem Tanz- und Theaterbereich; die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin reorganisierte technisch und organisatorisch ihre Arbeitsprozesse zwischen Archiv-System und dem neu eingeführten DAMS CUMULUS; der Industriesalon Schöneweide und das Museum für Kommunikation Berlin setzten in ihren Projekten technische und organisatorische, digitale Workflows auf, um den Zugang zu ihren digitalen Daten für ihre Nutzer*innen zu verbessern. Der Industriesalon nutzte dazu die Plattform museum-digital, das Museum für Kommunikation entwickelt seine inhouse-Lösung weiter.
Projektvorträge Cluster (Werks-) Prozesse
Als nächstes kam das Thema (Werks-) Prozesse, eingeleitet von Heinz-Günter Kuper. Drei sehr unterschiedliche Projekte veranschaulichten, wie Digitalisierung (Werks-)Prozesse im Hinblick auf die Nachnutzung für die Forschung sichtbar machen kann: Der Nachlass des Fotografen Herbert Tobias in der Berlinischen Galerie; die digitale Zugänglichmachung der Manuskripte Theodor Fontanes vom Stadtmuseum Berlin sowie die digitale Edition eines Punk-Fanzines des Archivs der Jugendkulturen. Die beiden letzteren sind aufgrund ihres experimentellen und collagenartigen Charakters in gewisser Weise miteinander vergleichbar. Im digitalisierten Nachlass von Herbert Tobias wird seine künstlerische Entwickung sichtbar gemacht.
Links zu den Projekten:
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Fontane Manuskripte in der digitalen Sammlungen des Stadtmuseum Berlin
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Fontane Manuskripte des Stadtmuseum Berlins dargestellt im Viewer der ZLB
Projektvorträge Cluster Normdaten
Das Thema Normdaten leitete Anna-Lena Nowicki ein. Normdaten und kontrollierte Vokabulare sind immer ein wichtiger und umfangreicher Arbeitsschritt bei digiS-Projekten. Die Projekte 2019 starteten allesamt an verschiedenen Ausgangspositionen mit ebenso unterschiedlichen Herausforderungen. Die Mediathek im Institut für Kunst- und Bildgeschichte der HU nutzt die Wikidata-Referenzen und IDs zur Identifizierung von Bau- und Kunstwerken seiner umfangreichen Bildsammlung. Durch die Verwendung von Wikidata-Referenzen wird es später möglich sein, die Bilddaten in anderen Zusammenhängen einzusetzen.
Für die Bibliothek des Archivs der Akademie der Künste wiederum sind der Umgang und die Pflege von Normdaten ihr „tägliches Brot“. Dies wurde in der Projektdarstellung zur Digitalisierung der Ausstellungskataloge der Preußischen Akademie der Künste Berlin deutlich. Im museologischen Alltag ist diese „good practice“ nicht überall gleichermaßen etabliert. Eine löbliche Ausnahme bildet das Georg Kolbe Museum, welches wiederum in seiner Präsentation einen Schirm von kontrollierten Vokabularen und Normdaten aufspannte. TGN, AAT und GND werden alle in der Erschließungspraxis des Museums verwendet.
Projektvorträge Cluster Außenansichten
Der letzte Schwerpunkt, die Außenansichten, wurde eingeleitet von Anja Müller. Die Frage in diesem Cluster war: Wie vermittelt Digitalisierung die Vielschichtigkeit von Geschichte?
Das Projekt „virt.düppel“ vom Fachbereich Gamedesign der HTW und des Stadtmuseums stellt photogrammetrische Daten eines mittelalterlichen Museumsdorfes („Düppel“) zur Verfügung. Das zweite HTW-Projekt „Politik oder Genre“ zu Bildwerken der DDR am Beispiel des Bezirks Lichtenberg sammelt und präsentiert im Stadtraum verteilte Objekte im Netz. „Bildhauerei in Berlin“, hat sich zu einer Informationsplattform zu Kunst im öffentlichen Raum auf dem Gebiet des Landes Berlin entwickelt. “Ein Zimmer für Frau allein“, das Projekt der Archive und Sammlungen der Museen Tempelhof Schöneberg, stellt durch den digitalen Zugang der Fotosammlung Jürgen Henschels und der Einbettung der Digitalisate in einen Kiezspaziergang einen Bezug von den frühen Protestbewegungen gegen die Wohnungsbaupolitik Berlins der 1980er Jahre zu aktuellen stadt(teil-) politischen Themen und Bewegungen her.
Links zu den Projekten:
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Infoseite zum Digitalisierungs-Projekt „Politik oder Genre“ der HTW Berlin auf „Bildhauerei in Berlin“
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Infoseite zum Digitalisierungs-Projekt „virt:düppel“ der HTW Berlin
Werkstattbericht aus dem Bauhaus Open Archive von Felix Ostrowski
Vor der Mittagspause stellte Felix Ostrowski (graphthinking GmbH) mit seinem „Werkstattbericht aus dem Bauhaus (Open) Archive“ aus einer museumspraktischen Sicht den „Wert der Daten“ vor.
Ostrowskis Erfahrungen bezogen sich vor seiner Arbeit beim Bauhaus-Archiv – Museum für Gestaltung eher auf die rein technische Seite der Bibliotheksarbeit. In seiner Arbeit im Bauhaus hatte er nun zum ersten Mal mit einer großen, heterogenen musealen Sammlung zu tun.
Da das Museum für Renovierungsarbeiten geschlossen werden musste, bot sich eine besondere Gelegenheit, die Onlinepräsenz der Bauhaus Archive mithilfe einer digiS-Projektförderung zu erweitern. Die Bestände aus Archiv, Bibliothek und Museum sollten einheitlich zugänglich gemacht werden. Das Projekt begrenzte sich jedoch nicht auf die Digitalisierung zentraler Sammlungsgegenstände, sondern umfasste die Verbesserung der IT-Infrastrukturen und Workflows. Das Bauhausarchiv wollte mit diesem Vorhaben lernen, wie man sich zu einer digitalen Organisation entwickelt.
Falls nicht anders in der Präsentation vermerkt, stehen Bilder und Vortragsnotitzen unter CCBY 4.0 Lizenz.
Mittagspause und Projekterallye 2019
Im Anschluss an die Mittagspause, wurde die Postersession und die diesjährige Projekt-Rallye eingeläutet. Alle Teilnehmer*innen wurden dazu eingeladen, mittels eines Fragebogens mehr über die einzelnen Projekte des Jahres 2019 zu erfahren. Diese wiederum präsentierten sich gesprächsbereit im Foyer des ZIB mit ihren Postern. Denn nicht alle Fragen der Projekt-Rallye ließen sich schnell, durch einen gezielten Blick auf das Poster, beantworten.
Als Höhepunkt des Nachmittags kam dann unsere Gesprächsrunde zum Thema der Tages „WerteDaten – DatenWerte“. An den Panel-Tisch gebracht hatten wir für die diesjährige Diskussion Barbara Fischer (Deutsche Nationalbibliothek), Helene Hahn (Kultur- und Sozialwissenschaftlerin) und Kira Schacht (Datenjournalismus-Initiative Journocode). Moderiert von unserer digiS-Koordinatorin Anja Müller sprach das Panel über das Erstellen, Erhalten, Zugänglichmachen, Teilen und Nutzen qualitativ wertvoller Daten.
Kira Schacht erläuterte aus der Perspektive der Datenjournalistin den Wert von Daten. In welchen Formaten, in welchen Strukturen sollten Daten vorliegen und zugänglich sein, damit sie gut nutzbar sind für Datenjournalist*innen? Was bedeutet in diesem Zusammenhang Vertrauenswürdigkeit und Authentizität?
CC BY 4.0 Kira Schacht, journocode
Helene Hahn arbeitet und veröffentlicht zu den Themen “Digitale Mündigkeit” und “Digitale Partizipation”. Die Kultur- und Sozialwissenschaftlerin ist zudem Teil des Präsidiums von Wikimedia Deutschland. Sie verwies in ihrer Einführung auf Grundlagentexte zum Thema Partizipation (siehe Verweise in nebenstehender Box).
CC BY 4.0 Helene Hahn, https://helenehahn.de/
Barbara Fischer wiederum zeichnete deutlich den Wert spartenübergreifender Standards und Normdaten anhand des von ihr geleiteten und an der DNB angesiedelten Projekts GND4C ab.
CC BY 4.0 Barbara Fischer, DNB AfS
Links zum Vortrag Kira Schachts:
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Projekt Gleichberechtigung in Kinderbüchern Sueddeutsche Zeitung
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Projekt ‚National Treasures In Chinese Museums‘ bei Data Journalism Awards
Links zum Vortrag Helene Hahns:
Links zum Vortrag Barbara Fischers
Preisverleihung und Abschluss
Den Abschluss der Konferenz bildetet die Preisverleihung für die Projekte Rallye. Es hatten circa 40 Teilnehmer mitgemacht. Zur Belohnung bekamen die Teilnehmer mit den 9 besten Ergebnissen darum auch Gewinne von unseren Kolleg*innen Anne Bauknecht und Marco Klindt überreicht.
Das digiS-Team dankt allen Referent*innen und Gästen, die die digiS-Jahreskonferenz nun schon zum 7. Mal zu einem wunderbaren Tag gemacht haben. Wir hoffen weiterhin auf Wachstum und regen Austausch für die Community der digitalen Kulturwelt.
Wir freuen uns auch schon sehr auf ein Wiedersehen mit Ihnen allen im Rahmen des Förderprogramms 2020 bei unserer nächsten digiS-Konferenz am 26. November 2020 am ZIB oder bei einer unserer kommenden Veranstaltungen!