Wikidata und digiS

digiS wünscht Wikidata alles Gute zum Geburtstag! Wikidata ist aus dem GLAM-Bereich nicht mehr wegzudenken: Als flexible, leistungsstarke und zugleich niedrigschwellige Datenbank zur Speicherung heterogener strukturierter Daten, als Tor zur Linked-Open-Data-Welt und insbesondere als Normdatenhub stellt Wikidata im Kulturerbebereich eine essenzielle Infrastruktur dar, mit der auch digiS – übrigens wie Wikidata ebenfalls 12 Jahre jung! – bzw. die digiS-Projektpartner:innen in verschiedensten Kontexten arbeiten.

Workshops

Wikidata ist immer wieder Gegenstand unserer Workshops. Im Juni 2017 haben wir Wikidata einen eigenen Workshop gewidmet (Programm, Folien und Mitschnitte) und dabei in dieser noch verhältnismäßig frühen Phase Potenziale von Wikidata für den GLAM-Sektor diskutiert. Zu jener Zeit vermittelten auch “Wikimedians in residence” das Wissen über Wikidata und openGLAM durch ihre temporäre Mitarbeit in den Kulturerbeeinrichtungen an die dortigen Kolleg:innen. Der frühe Einstieg in Wikidata verdankte sich 2017 unter anderem den unten aufgeführten digiS-Projekten des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte (IKB) der HU Berlin und des Stadtmuseums Berlin. Im Rahmen der digiS-Sommerschule 2023 haben wir Wikidata ebenfalls in einem eigenen Block behandelt (Material und Mitschnitt). Auch in unseren Workshops zu Kontrollierten Vokabularen ist Wikidata selbstverständlich immer Thema (Material). In Veranstaltungen wie etwa dem Praxisworkshop „Bildhauerei in Berlin und Wikidata“ haben wir die Potenziale und Synergieeffekte zwischen Digitalisierungsprojekten und Wikidata besprochen.

Projekte

In den digiS-Projekten kommt Wikidata immer wieder prominent zum Einsatz. Paradigmatisch ist dies der Fall in den schon erwähnten, unter der Ägide von Dr. Georg Schelbert durchgeführten Projekten zur Digitalisierung der Dia-Sammlung der Mediathek der HU Berlin (2016, 2018, 2019). In diesen Projekten wurde zur Identifikation der beteiligten Personen, der relevanten Orte und insbesondere der abgebildeten Objekte ausschließlich auf Wikidata zurückgegriffen (vgl. z.B. die begleitenden Reflexionen). Die Daten des Projekts sind inzwischen auch in der Deutschen Digitalen Bibliothek zu finden – leider derzeit noch ohne die Informationen, die wir der Erschließung mit Wikidata verdanken In den Daten, die uns die HU zur Langzeitarchivierung und damit für die EWIGkeit übergibt, werden die Datensätze vollständig mit den Wikidata-IDs ausgezeichnet sein und zudem die über Wikidata verlinkten Normdaten-URIs enthalten.

Aktuell plant das Stadtmuseum Berlin im Rahmen eines Projekts zum “Massenmedium Bilderbogen” die Bereitstellung der Metadaten auf Wikidata, um einer kollaborativen, institutionsübergreifenden Erschließung dieser Objektgattung Vorschub zu leisten. Wir entwickeln in Abstimmung mit dem Stadtmuseum einen auf OpenRefine basierenden Workflow, der einen Export aus dem Erschließungssystem nach Wikidata erleichtert.

Dass der Einsatz von Wikidata durchaus auch seine Tücken haben kann, zeigte uns die Verwendung von Wikidata im Projekt zu den Berliner ‘Malweibern’. Hier wurden Datensätze für Malerinnen angelegt, die in den gängigen Normdatenbanken notorisch ein Schattendasein fristeten. Da zunächst die Relevanzkriterien von Wikidata nicht erfüllt waren, wurden die angelegten Items gelöscht. Von diesem kleinen Abenteuer hat unser ehemaliger Kollege Dr. Heinz-Günter Kuper in einem Vortrag berichtet (Mitschnitt). Am Ende konnte das Problem jedoch gelöst werden und die Malweiber sind jetzt gut auf Wikidata angekommen. 

Wikidata und die Commons sind eine hervorragende Plattform, um Kulturgut aus kolonialen Kontexten mit Herkunftscommunities zu teilen und mit Forschenden und Interessierten aus dem nicht-deutschsprachigen Raum zusammenzuarbeiten. Welche Hürden aber auch hier bei der Nutzung der Wiki-Strukturen zu überwinden sind, davon zeugt unter anderem das Projekt “Karl Schmidt-Rottluffs Sammlung von Objekten aus kolonialen Kontexten” des Brücke Museums im Jahr 2021. Der Abschlussbericht des Projekts ist über die digiS-Webseite verfügbar.  

Viele unserer Projekte verwenden für ihre Sammlungserschließung Museum-Digital. Dort werden Personen, Orte und Schen prinzipiell kontrolliert in einem eigenen Vokabular namens md:term. Eine Normdatenredaktion im Hintergrund kümmert sich um die Pflege des Vokabulars und die so wichtige Verknüpfung mit anderen Normvokabularen und nicht zuletzt auch mit Wikidata. Aktuell sind nach Ausweis der BEACON-Dateien über 116.000 Einträge in md:term mit einem Wikidata-Item verbunden. digiS hat sich auch dafür eingesetzt, dass die md:term-Identifikatoren eine eigene Wikidata-Property erhalten (P9957, P12596, P12597) und entsprechend eingepflegt werden. Hierdurch wird md:term Teil der großen Normdaten-Drehscheibe Wikidata. Andererseits konnten nach Upload der md:term-Identifkatoren nach Wikidata auch Inkonsistenzen und Versehen in md:term ermittelt und verbessert werden. Ein Win-Win-Geschäft also, das wunderbar den Mechanismus des sog. data roundtripping illustriert.

Vernetzung

Das Potenzial von Wikidata im GLAM-Bereich ist noch lange nicht ausgeschöpft; und weil Wikidata von der Community lebt und umso nützlicher wird, je mehr Institutionen sie nutzen, bemühen wir uns bei digiS auch darum, den Nutzen von Wikidata in unserer bestehenden Community bekannt zu machen und sie damit noch besser zu vernetzen. In diesem Zusammenhang sprechen wir an geeigneter Stelle immer wieder gerne öffentlich über Wikidata (z.B. auf der Tagung “Zugang Gestalten” im vergangenen Jahr), tauschen uns mit Wikimedia Deutschland aus und beteiligen uns aktiv an der WikiKult-Arbeitsgruppe, die sich mit Wikidata im Kulturerbesektor auseinandersetzt. Diese Arbeitsgruppe ist übrigens noch jung und auf der Suche nach engagierten Mitgliedern!

Was bringt die Zukunft?

Wie wir gesehen haben, verbindet Wikidata und digiS eine doch recht ereignisreiche gemeinsame Vergangenheit. Abschließend wollen wir noch einen Blick in die Zukunft wagen! Wikidata, davon sind wir überzeugt, ist gekommen, um zu bleiben. Als Knotenpunkt, an dem heterogene Daten unterschiedlicher Provenienz zusammenfließen und verknüpft werden, ist Wikidata auf absehbare Zeit unersetzlich. Als ad-hoc-Normdatenquelle, die die eindeutige Identifikation beliebiger Entitäten erlaubt, ist Wikidata eine wichtige Ergänzung z.B. zur Gemeinsamen Normdatei (GND). Wikidata wird aber auch als Arbeitsinstrument immer wichtiger. Dort abgelegte Daten können mithilfe von SPARQL-Abfragen verhältnismäßig leicht auf Konsistenz und Plausibilität überprüft, in größere Kontexte eingebunden und um weitere Informationen angereichert werden. Die in Wikidata eingepflegten Daten können zudem gut weiterverarbeitet, visualisiert und anderweitig nachgenutzt werden. Sehr großes Potenzial insbesondere für das Kulturerbe haben auch strukturierte Daten auf Wikimedia Commons. Es können nunmehr Medienobjekte auf Wikimedia Commons mit strukturierten Daten aus Wikidata erschlossen werden, sodass diese beiden Projekte aufs Engste verzahnt werden können. Durch föderierte Abfragen lässt sich also der immense Informationsraum von Wikidata anzapfen und für die Suche in Wikimedia Commons nutzen. Das Potenzial dieser mächtigen Allianz lässt sich aktuell nur erahnen.

Wir freuen uns also auf die nächsten 12 gemeinsamen Jahre und wünschen Wikidata nochmals von Herzen alles erdenklich Gute, eine weiterhin so engagierte Community und viele, viele Edits!

Alexander Winkler, Anja Müller und das digiS-Team